Nervenschmerzen beim Tier

In diesem Artikel

Zusammenfassung

Mechanismen

Untersuchung

Behandlung

Zusammenfassung

Schmerzen, die von Nerven verursacht werden, sind bei Menschen mit chronischen Erkrankungen häufig. Nervenleiden entstehen z.B. bei Stoffwechselstörungen wie beim Diabetes Mellitus oder bei Entzündungen von Gelenken oder der Muskulatur. Auch bei Hunde, Katzen und Pferden kommt wahrscheinlich diese Form der Schmerzen sehr viel häufiger vor, als sie diagnostiziert wird. Aber Schmerzen bei Tieren festzustellen, ist nicht so einfach. Der Nervenschmerz ist hier eine besondere Herausforderung.

Tiere klagen nicht über ihre Schmerzen - Hunde schreien nicht. Bei Pferden wurde ein Schmerzindex festgelegt, um ihre Schmerzen einschätzen zu können.

Leider lernen Tierärzte in ihrer Ausbildung wenig über Nerven-Schmerzen. So werden diese besonders leicht übersehen (https://vetline.de/management-neuropathischer-schmerzen-beim-hund/150/3252/99179/). So muss viel vom Menschen abgeleitet werden.

Mechanismen des Nerven-Schmerzes

Grundsätzlich wird Schmerz erst im Gehirn wahrgenommen. Bis dahin sind es lediglich chemo-elektrische Impulse. Grundsätzlich - wenn das Tier gesund ist- wird ein Schmerzreiz von einem Schmerz-Rezeptor über einen Nerven an das Gehirn geleitet. Das gilt, wenn das System funktioniert.

  • Nozizeptiver Schmerz wird durch einen schmerzhaften Schmerz-Reiz verursacht, der das normal funktionierenden System erregt, etwa ein Stich oder Schnitt.
  • Neuropathischer Schmerz, Nervenschmerz wird durch eine Erkrankung oder Verletzung verursacht, die zu einer Fehlfunktion des Systems führt. Der Nerv selbst meldet Schmerzimpulse an das Gehirn, unabhängig von einer klaren Ursache wie einer Verletzung.

Beide Schmerz-Arten können auch bei Hunden und Pferden gleichzeitig auftreten. Wahrscheinlich kommt neuropathischer Schmerz bei Hunden mit lange währenden Problemen im Bewegungsapparat, Neurologischen oder Problemen der Inneren Organe nicht selten vor.

Neuropathischer Schmerz entsteht, weil das Nervensystem Schmerzen lernt. In diesem Fall ist die Fähigkeit zur Anpassung, zum Lernen, leider ein Problem für den Hund. Jedes Organ oder Gewebe kann betroffen sein. Der Nervenschmerz kann spontan auftreten oder sich als ständige Überempfindlichkeit zeigen.

  • Der Hund wird "dünnhäutig" und mag nicht angefasst werden, das Pferd wehrt sich beim Putzen.

Der Entwicklung neuropathischer Schmerzen liegen eine Reihe von Schlüsselmechanismen zugrunde: ektopische Aktivität in afferenten Nerven, periphere oder zentrale Sensitivierung oder die pathologische Aktivierung von Mikroglia. Beim Menschen hängt die Effektivität bestimmter Wirkstoffe zur Behandlung neuropathischer Schmerzen nicht von der Ursache der Schmerzen ab, sondern eher von dem zugrunde liegenden Mechanismus. Wichtig sind also Behandlungspläne auf individueller Basis.

Untersuchung auf Nerven-Schmerzen

Mögliche Anzeichen neuropathischer Schmerzen sind:

  • veränderte Reaktion auf Berührung
  • Schreien, grundlos (bzw. kein erkennbarer Grund)
  • Phantom Juckreiz (Kratzen)
  • exzessives Lecken oder Selbstverstümmelung
  • andauernde Lahmheit/ausbleibende Belastung einer Gliedmaße

Weniger deutliche Anzeichen für neuropathische Schmerzen können sein, wenn ein Hund:

  • sich wenig bewegen mag und generell weniger aktiv geworden ist
  • vor Treppen zögert, weniger springt
  • oder bestimmte Gangarten vermeidet: vermehrter Passgang, vermehrter Trab, "Schweinsgalopp"
  • Schwierigkeiten beim Aufstehen hat, nicht mehr gut ins Auto kommt
  • eine veränderte Körperhaltung zeigt - Schonhaltung,
  • ein verändertes Verhalten zeigt oder weniger fressen mag

Anzeichen für Nerven-Schmerzen beim Pferd können sein

  • Juckreiz, bis zur Selbstsverstümmelung
  • Lahmheiten, deren Ursache sich nicht klären lassen
  • Überempfindlichkeiten, Berührungsempfindlichkeiten …

Alles im Allen muss man festhalten, dass mögliche Neuropathische Schmerzen beim Pferd noch schlechter zu erkennen sind als beim Hund - aber da die Mechanismen von Entzündungen ziemlich gleich ablaufen, werden auch Pferde unter Nervenschmerzen leiden können.

Schmerzmanagement

Der erste Schritt ist die Identifikation und, wenn möglich, Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung. Beispiele für Erkrankungen, die höchstwahrscheinlich mit neuropathischen Schmerzen einhergehen, sind:

  • Chiari­like Malformation/ Syringomegalie wie beim Cavalier-King-Charles-Spaniel
  • Radikulopathie durch chronische zervikale oder lumbosakrale Bandscheibenerkrankungen - Nervenwurzelerkrankungen wie beim N. Ischiadicus, der auch beim Hund schmerzhaft sein kann
  • (z. B. Diabetische) Polyneuropathie (Diabetes beim Hund, EMS beim Pferd?)
  • Rückenmarksverletzungen durch Bandscheibenvorfälle
  • chronische Osteoarthritis (Hund und Pferd)

Viele der mit Nerven- Schmerzen einhergehenden Erkrankungen können auch Erregung der Schmerz-Rezeptoren verursachen.

Behandlung

Schumedizinisch

werden an erster Stelle Gabapentin und Pregabalin spezifisch für neuropathische Schmerzen eingesetzt. Gabapentin wurde zuerst als Antiepileptikum entwickelt. Erst später wurde die Wirkung bei neuropathischem Schmerz bekannt. Pregabalin ist dem Gabapentin strukturell ähnlich. zugelassen für Tiere sind beide Mittel in Deutschland noch nicht. In einer aktuellen humanmedizinischen Metastudie werden neben Gabapentin und Pregabalin auch (trizyklische) Antidepressiva empfohlen. Analgetika wie Tramadol und starke Opioide wie Morphin können versucht werden. Lokal können auch Lidocain (neuraltherapeutisch) und Capsaicin angewendet werden.

Komplementäre Behandlungen

Hunde können von einer manuellen Nervenmobilisation profitierende. Sie löst die Verklebungen mit dem Gewebe, durch das der Nerv eigentlich frei gleiten können sollte. Akupunktur kann auch Schmerzen aus "ungeklärter Ursache" beeinflussen.

Zum Weiterlesen:

Management neuropathischer Schmerzen beim Hund

Neurogene Lahmheit beim Kleintier

Dissertation Robert Hausner, 2008 München - ausführliche Übersichtsarbeit über mögliche Nervenerkrankungen bei Hunden und Katzen